WKTheater - Theater in Waldbröler Kulturtreff e.V. (WKT)

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"Das Penthouse"

Schauspielgroteske von C. Scott Forbes (deutsche Bearbeitung: Peter Goldbaum)
Inszenierung: Ulrich E. Hein

Produktion 2000.

Das Penthouse - WKTheaterDas Penthouse - WKTheater

Gedanken zum Stück und zur Inszenierung von Ulrich E. Hein

I.
Ein eigenes Erlebnis im Köln der 70-er Jahre: Eine abendliche Kneipenbekanntschaft kommt nach einigen Kölsch mit zu mir nach Hause: „Noch'n Bierchen; ist auch ruhiger und gemütlicher." - Man plaudert und setzt den belanglosen Unsinn der Kneipenunterhaltung bei weiteren Kölsch aus der Flasche fort. Nach einer Stunde wird sein Ton aggressiver; er fragt, was man denn so verdiene, wo man arbeite, ob man alleine wohne ... Die Unterhaltung beginnt ungemütlich zu werden, fernab kölscher gemütlicher Unverbindlichkeit. Ich habe keine Lust mehr, beginne mit der klassischen Vorbereitung des Hinauskomplimentierens: „Ich glaube, ich muss jetzt langsam ins Bett. Du musst morgen bestimmt auch früh raus." usw. - Der Besuch zückt wie zufällig ein Messer: „Das hat noch jeden beeindruckt." Er lacht. Alles scheint ein Scherz. Er geht zum Klo. Als er nach 15 Minuten immer noch nicht zurück ist, gehe ich nachsehen. Er durchwühlt in der Küche gerade die Schränke. Ich werde sehr deutlich. Aber er: „Reg' dich nicht auf, man wird ja noch gucken dürfen, wie die neue Bekanntschaft so wohnt." Ich bin fassungslos, werde laut. Er entschuldigt sich, ist augenscheinlich sehr geknickt. Ich bereue meinen Ausbruch. Im Wohnzimmer zurück, zieht er eine Schublade der Kommode ganz heraus, kippt den Inhalt auf den Boden: „Wo sind die Wertsachen?" Ich renne zum Telefon und wähle die Polizei. Er drückt die Gabel runter: „Was soll das? Hast du kein Vertrauen? 'Ne nette Kumpel bist du!"

Er ging auf der Stelle, aber ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. In diese Kneipe ging ich nie wieder aus Angst, er könnte dort auch wieder sein. Zum Glück traf ich ihn nicht mehr; aber noch wochenlang zuckte ich bei jedem Klingeln zusammen: Immerhin kannte er meine Adresse.

II.
Quellen bezeugen, dass die internationale Diplomatie lange Zeit nicht glauben wollte an die ersten geheimen Berichte über die deutschen Konzentrationslager während der NS-Zeit. Zu absurd und skurril erschien das, was erste Exilanten und Widerständler zu berichten hatten. „Das entbehrt jeglicher Logik und Notwendigkeit!" waren die harmlosesten Kommentare.

III.
Bertolt Brecht zur beabsichtigten Wirkung des Theaters auf den Zuschauer: „Das ist unglaublich, das hätte ich nicht gedacht!". Und George Tabori in einem Interview zu seinen Stücken und seinen Themen: „Hinter jedem Scherz steckt eine kleine Katastrophe."

IV.
FORBES' Stück faszinierte mich zunächst durch seine sofort nachvollziehbare Sprache, durch die stringente Dramaturgie der Handlungsabläufe, durch die perfekte Beherrschung des Verhältnisses von Spannung und Ent-Spannung. Die Figuren bieten bestes „Futter" für die einzelnen Darsteller, und die szenische Realisierung ist ohne Probleme durchführbar.

V.
Im Stück heißt es: „Warum gerade wir?" - „Weil Ihr Schweden seid. Und die sind jetzt gerade dran." -Es ist die Rede von „Stahlduschen", vom „tickenden Zeiger der Gasuhren", von den Kindern, die am besten gleich mit ihren Eltern „ins Gas duschen gehen" usw. Und die Täter bedienen sich der klassischen Entschuldigung: „Wir tun nur unsere Pflicht. Wir handeln nur auf Anweisung." Ob es tatsächlich so ist, oder ob sie alle wahnsinnig sind, bleibt offen. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.

VI.
Das Stück ist zu skurril und abgedreht, um als politisches Theater zu gelten aber Anspielungen zu deutlich, als dass es „nur" komisch wäre.

VII.
Unglaubliche aber reale Bedrohungen sind dem Aufmerksamen oft allgegenwärtig, - im kleinen persönlichen Bereich ebenso wie in politischen Strukturen. Der alltägliche Sadismus ist um so bedrohlicher, je mehr er das Maß des Fassbaren überschreitet und zur Groteske wird. Tabori logisch fortgeführt: „Je größer der Scherz, desto größer die Katastrophe." ?

VIII.
Die Inszenierung geht vom „Kleinen" aus. Je harmloser Gewalt und Brutalität sich verkleiden, je netter die Täter sind, desto beängstigender wird die Bedrohung, - im Privaten und im Strukturellen.

Zum Stück:

Aufführungsrechte bei: Vertriebsstelle und Verlag Deutscher Bühnenschriftsteller GmbH, Norderstedt.
Inszenierung, Bühnenbild und Ausstattung: Ulrich E. Hein
Bühnenbildbau: Ulrich Maas, Walter Schichlein
Technik und Bühne: Patrick Dopieralski, Georg Frantzen, Peter Mühlenkamp, Kaspar Zekorn
Assistenz: Vera Bray, Regine Söhnchen

Die Personen und ihre Darsteller:
BARBARA: Kristina Barth
BRUCE: Thomas Knura
TOM: Oliver Hombach
DICK: Ralf Tenbrake
HARRY: Thorsten Kuchinke

Zeit: Das Stück spielt in der Gegenwart
Ort: Das Stück spielt im kombinierten Wohn- Schlafzimmer einer gemütlichen kleinen Hochhauswohnung; oberste Etage

Ein herzlicher Dank geht an das MÖBELHAUS SCHUSTER, Waldbröl für die großzügige Unterstützung dieser Aufführung!


Weitergehende Informationen:
Informationen - WKTheater Programmheft
Presse - WKTheater Presseberichte und Kritiken:
  • Kölner Stadtanzeiger (01.09.2000):
    "Sozialkritische Psychostudie
    Theater: 'Das Penthouse'"
    gesamten Artikel als PDF-Datei [anzeigen]
  • Oberbergische Volkszeitung:
    "Vom Wahnsinn der harmlosen Gewalt
    Waldbröler WKTheater hatte Premiere mit einer Schauspielgroteske von C. Scott Forbes"
    gesamten Artikel als PDF-Datei [anzeigen]

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